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Gleichstellung jetzt – Gleichstellungspolitik stärken

Die Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern ist im Grundgesetz in Art. 3 Abs. 2 als Staatsziel verankert. Es besteht eine Selbstverpflichtung der Bundesregierung, die Gleichstellung von Frauen und Männern als durchgängiges Leitprinzip zu verfolgen und als eigenständiges Politikfeld zu gestalten (Gemeinsame Geschäftsordnung Art. 2 und 3). Die hier genannten Prinzipien wurden bislang nicht umgesetzt – obwohl der Erste Gleichstellungsbericht der Bundesregierung (2011) erheblichen Handlungsbedarf aufzeigt. Auch besteht keine Infrastruktur, die die Umsetzung des Staatsziels Gleichstellung flankiert, evidenzbasiert unterstützt und ein entsprechendes Monitoring leistet.

Es besteht Handlungsbedarf, denn:

  • Frauen können ihre gute Ausbildung nicht in adäquate berufliche Karrieren umsetzen: Weibliche Jugendliche erzielen zwar höhere und bessere schulische Qualifikationen, haben aber geringere Chancen als Jungen bzw. Männer, diese Bildungszertifikate am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu verwerten (Erster Gleichstellungsbericht der Bundesregierung 2011, S. 88/109).
  • Gender Pay Gap: 2012 lag der unbereinigte Gender Pay Gap (Bruttostundenverdienst) für Deutschland bei 22 Prozent (Statistisches Bundesamt).
  • Gender Pension Gap: Der Gender Pension Gap in Deutschland liegt bei 59,6 Prozent (BMFSFJ 2011, S.7).
  • Existenzsichernde Beschäftigung: Der Anteil der beschäftigten Frauen im Haupterwerbsalter (25 bis 60 Jahre) ohne existenzsicherndes Einkommen lag 2010 bei 62 Prozent (Männer: 29 Prozent). 74 Prozent der weiblichen und 43 Prozent der männlichen Beschäftigten verdienen nicht genug, um langfristig für sich und ein Kind sorgen zu können (Pimminger 2012, S. 32).
  • Lebenserwartung von Männern: Männer leben in Deutschland im Durchschnitt ca. 5 Jahre kürzer, als es die heutigen Lebensverhältnisse und die medizinische Versorgung zulassen würden (Statistisches Bundesamt 2011).

Wir schlagen deswegen vor:

  • Die Gleichstellungspolitik wird mit erweiterten Federführungskompetenzen und zusätzlichen Ressourcen als eigenständiges Politikfeld gestärkt. Gleichstellungspolitik braucht Sichtbarkeit und soll nicht weiter faktisch der Familienpolitik untergeordnet werden.
  • Eine durchgängige Berücksichtigung von Gleichstellungsfragen (Leitprinzip Gleichstellung bzw. Strategie Gender Mainstreaming) wird endlich zum Grundprinzip des Regierungshandelns.
  •  Ein regelmäßiger Gleichstellungsbericht (mindestens einmal in der Legislatur) wird  als gesetzlicher Auftrag der Bundesregierung verankert.
  • Es wird eine dauerhafte Infrastruktur eingerichtet, die die Bundesregierung durch die Aufbereitung von Daten, Transfer, Koordination, wissenschaftliche Beratung, Monitoring und Öffentlichkeitsarbeit in Gleichstellungsfragen unterstützt. So wird im Ersten Gleichstellungsbericht (S. 35) ein „Forschungszentrum zur Gleichstellung“ empfohlen.

Unterzeichnerinnen und Unterzeichner (Stand: 26.09.2013, 19 Uhr – 272 Personen)

Petra Ahrens, Birgit Albrecht, Prof. Dr. Birgit Althans, Silvia Arlt, Dr. Manuela Aschauer, Sissi Banos, Prof. Dr. Heinz Bartjes, Elfriede Becker, Conrad Beckmann, Gudrun Beekmann-Mathar, Dr. Sabine Berghahn, Nina Bessing, Prof. Dr. Sigrid Betzelt, Dr. Johanna Beyer, Inge Bietz, Melanie Bittner, Dr. Tanja Bogusz, Dr. Kundri Böhmer-Bauer, Dr. Sabine Bohne, Eva Borchers-Hoffmann, Prof. Dr. Silke Bothfeld, Elke Bouillon, Panagiota Boventer, Carmen Breitbach, Bastian Bretthauer, Theodor Brocks, Prof. Dr. Kerstin Bronner, Hannelore Buls, Ulla Büntjen, Lisa Maren Bürger, Ilona Cham, Lucy Chebout, Isabel Collien, Susan Conze, Dorothea Diestelmeier, Petra Dimitrova, Nesrine Djouadi, Gabriele Drechsel, Ursula Dreier, Gabriele Dröge, Monika Drück, Melanie Ebenfeld, Ines Eckardt, Dr. Cornelia Edding, Ines Eichmüller, Verona Eisenbraun, Eva Engelhardt, Birgit Erbe, Kazim Erdogan, Nicole Eschner, Holger Fahrenkamp, Elke Ferner, Dr. Andrea Feth, Monika Fibiger, Julia Franz, Georgia Franzius, Dr. Regina Frey, Waltraud Friedemann, Waltraud Fritschi, Petra Fuchs, Dr. Ursula Fuhrich-Grubert, Dirk Gansefort, Prof. Dr. Claudia Gather, Carolin Gebel, Bärbel Geisel, Katja Geißenhöner, Jochen Geppert, Ursula Gliss-Dekker, Dr. Monika Goldmann, Beate Gottwald, Eva K. Gottwalles, Patricia Götz, Melanie Graf, Sabine Gräßler-Zorn, Sanda Grätz, Sabine Grommisch, Natalie Günther, Dr. Bahar Haghanipour, Karen Haltaufderheide, Sarah Hanke, Claudia Häußler, Sonja Hefele, Sebastian Heilmann, Anja Hein, Imke Hennemann-Kreikenbohm, Dr. Karin Hildebrandt, Stefanie Hildebrandt, Sandra Hildebrandt, Sabine Hofäcker, Jacqueline Hoffmann, Dr. Elke Holst, Dr. Michaela Homolka, Karin Huber, Christine Huhn-Weßels, Christel Humme, Jenny Huschke, Bärbel Illi, Dr. Gerda Jasper, Anne Jenter, Holland Judith, Dr. Christa Karras, Dr. Gerrit Kaschuba, Petra Keck, Ursula Keijzer, Prof. Dr. Ina Kerner, Gabi Kircher, Charlotte Klaue, Tanja Kleibl, Prof. Dr. Uta Klein, Manuela Kleine, Kirsten Knoche, Dr.in Bente Knoll, Gilla Knorr, Manfred Köhnen, Mechthild Koreuber, Karoline Kracht, Monika Kramer, Prof. Dr. Gertraude Krell, Angelika Kruse, Dr. Adelheid Kückelhaus, Dr. Mara Kuhl, Marika Kunold, Caren Kunze, Carmen Kurbjuhn, Prof. Dr. Friederike Kuster, Dr. habil. Rosine A. Lambin, Dr. Silvia Lange, Ralf Lange, Monika Lazar, Julia Lenfers, Prof. Dr. Ilse Lenz, Prof. Dr. Julia Lepperhoff, Dr. Sandra Lewalter, Dr. rer. soc. Astrid Libuda-Köster, Linda Lieber, Daniela Lieberz, Ingrid Löh, Bettina Loidl, Klaus Lörcher, Hermann Lorenz, Luise Luksch, Brigitte Maas, Cornelia Maier, Dr. Anna Katharina Mangold, Dr. Bettina Marquis, Dr. Anke Martiny, Henriette Meseke, Bettina Messinger, Prof. Dr. Sigrid Metz-Göckel, P. Metz-Kurth, Ulla Meurer, Sylvia Meyer, Renate Meyer-Scheunemann, Stefan Michaelsen, Dr. Merle Missoweit, Annemarie Mlakar, Christina Möller, Carola Mühleisen, Christine Müller, Rebecca Nagel, Marion Neef, Rita Nehling-Krüger, Ute Netzker, Dr. Claudia Neusüß, Kurt W. Niemeyer, Angela Nitsche, Dr. Gisela Notz, Heike Pantelmann, Josefine Paul, Dr. Irene Pimminger, Henriette Ponsong, Carmen Prasse, Katharina Pühl, Katja Radziwill, Kerstin Rappsilber, Dr. Ulla Regenhard, Wulfhild Reich, Dr. Karin Reichel, Pia Renner, Prof. Dr. Maria S. Rerrich, Nejdie Richter, Mareike Richter, Dr. Anne Röhm, Evelyn Rohn-Stenzel, Ulrike Röhr, Berlind Rosenthal-Zehe, Dr. Anne Rösgen, Astrid Rothe-Beinlich, Christine Rudolf, Prof. Dr. Clarissa Rudolph, Deborah Ruggieri, Christine Rupp-Kuhl, Bettina Luise Rürup, Annette Sawade, Prof. Dr. Barbara Schaeffer-Hegel, Dr. Gabriele Schambach, Ulle Schauws, Sebastian Scheele, Sabine Scherbaum, Christa Schick, Dr. Katharina Schiedering, Christina Schildmann, Julia Schimeta, Renate Schlotmann, Doris Schmidtke, Dr. Mathilde Schmitt, Mechthild Schmitt, Tillmann Schneider, Anke Schneider-Hüsch, Vivianne Schnurbusch, Katharina Schrader, Mechthild Schramme-Haack, Mechthild Schreiber, Johanna Schröder, Dr. Monika Schröttle, Sarah Schulze, Jörg Schwarz, Dr. Ulrike Spangenberg, Antonia Sperber, Cornelia Sperling, Meike Spitzner, Dr. Martina Sproll, Prof.Ingrid Stahmer, Ljiljana Stamenkovic, Prof. Dr.-Ing. Susanne Staude, Ruth Steinert, Anke Stelkens, Dr. Barbara Stiegler, Gerta Stiller, Susanne Strzoda, Clara Stumm, Lydia Stumm, Dr. hil. Esther Tamm, M.Sc. Simone Tappert, Lydia Thies, Prof. Dr. Barbara Thiessen, Ursula Thöt, Dr. Karin Tondorf, Michael Tunç, Sybille Uken, Ann-Kathrin Vaske, Martin Verlinden, Inge Volz, Almut von Woedtke, Henning von Bargen, Dr. Stefanie von Berg, Dr. Katja von der Bey, Alexander von Dippel, Dr. Helga Voth, Elke Währisch-Große, Ute Wanzek, Astrid Warburg-Manthey, Prof. Dr. Susanne Maria Weber, Ruth Weckenmann, Elke Wedler-Krüger, Eva Wegrzyn, Andrea Wehn, Amely Weiß, Dr. Maria Wersig, Renate Wielpütz, Martina Wilczynski, Prof. Dr. med. Barbara Wild, Renate Windisch, Dr. Anja Wolde, Maiken Wolff, Dr. Andrea Wolffram, Diana Woltersdorf, Sabine Zander, Georgia Zechlin, Dr. Mag. Bettina Zehetner, Christel Zeisler

Wer diesen Vorschlag unterzeichnen möchte, schickt bitte eine E-Mail mit Namen (ggf. Titel, Vorname, Name und ggf. Funktion) an die Emailadresse:
gleichstellung-jetzt@gmx.de

Weitere Argumente:

Die Gleichstellungspolitik in Deutschland zeichnet sich durch einen enormen Gestaltungsrückstau aus, wie der Erste Gleichstellungsbericht ausweist. Sie ist außerdem durch geringe rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten und die marginale finanzielle und institutionelle Ausstattung weitgehend blockiert. Die beschränkten Kompetenzen und die geringe Ausstattung der Gleichstellungspolitik werden beim Vergleich mit anderen Politikfeldern drastisch deutlich.

Die geringen Gestaltungsmöglichkeiten machen die Durchsetzung gleichstellungspolitischer Vorhaben unwahrscheinlich, führen zu geringer Aufmerksamkeit und geringem Interesse bei den politischen Entscheidungsträger_innen und verhindern inhaltliche und persönliche Erfolge beim Engagement für gleichstellungspolitische Themen.

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Quellen:

BMFSFJ (2011): Neue Wege – gleiche Chancen: Gleichstellung von Frauen und Männern im Lebensverlauf: Erster Gleichstellungsbericht. Url: http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Broschuerenstelle/Pdf-Anlagen/Erster-Gleichstellungsbericht-Neue-Wege-Gleiche-Chancen,property=pdf,bereich=bmfsfj,sprache=de,rwb=true.pdf (09.09.2013).

BMFSFJ (2011): Gender Pension Gap. Entwicklung eines Indikators für faire Einkommensperspektiven von Frauen und Männern.

Pimminger, Irene (2012): „Existenzsichernde Beschäftigung von Frauen und Männern“. Agentur für Gleichstellung im ESF (Hg.). Url: http://www.esf-gleichstellung.de/fileadmin/data/Downloads/Aktuelles/expertise_existenzsichernde_beschaeftigung.pdf (09.09.2013).

Statistisches Bundesamt (DESTATIS) (ohne Jahr): Gender Pay Gap. Url: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/VerdiensteArbeitskosten/VerdienstunterschiedeMaennerFrauen/Tabellen/Verdienstabstand.html (09.09.2013).

Statistisches Bundesamt (DESTATIS) 2011: Pressemitteilung Nr. 344 vom 02.10.2012: Lebenserwartung in Deutschland erneut gestiegen. Url: https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2012/10/PD12_344_12621.html (10.09.2013)